Der Beruf des Einkäufers hat sich bereits durch die digitalen Kommunikationswege und die
Nutzung des Internets stark verändert. Mein Vater war lange Jahre im Einkauf tätig und hat mir vor vielen Jahren mit Stolz die dicken Bücher von „Wer liefert was“ und sein damals neues Faxgerät gezeigt. Beides benötigt heute niemand mehr. Auch „Wer liefert was“ ist mittlerweile vollständig digital verfügbar. Durch das Aufkommen von künstlicher Intelligenzkönnen wir in den nächsten Jahren mit einer besonders starken Veränderung rechnen. Auch wenn im operativen Einkauf der Aufwand für einfache „repetitive“ Aufgaben in den letzten Jahren schon stark reduziert wurde, stehen wir hier eher noch am Anfang. Die zunehmende produktive Nutzung von künstlicher Intelligenz, wie z.B. intelligenter OCR-Software, wird sukzessive zu einer weitgehenden Abschaffung des operativen Einkaufs führen. Da sind sich die Experten recht einig. Die dafür notwendigen Lösungen gibt es größtenteils bereits am Markt. Es stellt sich nur noch die Frage, mit welcher Geschwindigkeit diese neuartigen Lösungen im Einkauf etabliert werden.
Mit Empathie zum Erfolg
Was passiert jedoch im strategischen Einkauf? Der deutsche Philosoph Richard David Precht vertritt die Auffassung, dass fast sämtliche Arbeit des menschlichen Gehirns besser von Maschinen übernommen werden können und wir uns wieder mehr dem Handwerkzuwenden sollten, um als Menschen weiterhin Arbeit zu finden. Der Schlussfolgerung möchte ich mich nicht vollends anschließen. Auf komplizierte mathematische Berechnungen und viele Entscheidungen wird das sicherlich zutreffen. Was Menschen aber sicher noch lange besser können werden als Roboter ist es emphatisch zu sein. Genau diese Fähigkeit wird auch im Einkauf immer wichtiger. In der Beziehung zu den Lieferanten hat teilweise jetzt schon ein regelrechter Paradigmenwechsel im Einkauf stattgefunden. Früher hat man nur die Preise gedrückt, heute versteht man insbesondere die A-Teile Lieferanten als Wertschöpfungspartner. Das ändert natürlich auch sehr die Kompetenzen, die ein Einkäufermitbringen muss. Der „stoffelige Hau-drauf“ wird nicht mehr benötigt. Die Verhandlungen übernehmen künftig Maschinen, da mit Algorithmen und KI die Wettbewerbssituation sehr viel besser analysiert und für das Erreichen besserer Verhandlungsergebnisse genutzt werden kann. Es geht vielmehr darum Partnerschaften zu schmieden und als Partner des Business, die Wertschöpfung des Unternehmens intelligent zu erhöhen. Entwicklungspartnerschaften spielen künftig sicherlich eine noch größere Rolle, damit die Unternehmen weiterhin innovativ und erfolgreich sind. Das heißt, die Gestaltung von Kollaboration und von partnerschaftlichen Beziehungen zu Lieferanten, die sehr früh in der Wertschöpfungskette greifen, müssen funktionieren. Somit wird ein strategisches Lieferantenmanagement im Vordergrundstehen, wie auch die Gestaltung von kreativen Lösungen mit Partnern.
Mit agilem Vorgehen auf Geschwindigkeit
Eine Digitalisierung im Einkauf auf den Weg zu bringen, ist sicherlich herausfordernd, aber auch durchaus zu meistern. Wenn man sich den Veränderungen als Einkäufer offenstellt und bereit ist, seine Rolle zu verändern, muss man davor auch keine Angst haben. Obwohl fast noch kein Unternehmen eine vollständige Digitalisierung geschafft hat, gibt es in den Unternehmen viele Beispiele die gut funktionieren. Dennoch befinden sich fast alle Unternehmen noch am Anfang dieser Reise. Dabei ist es zwar wichtig, eine Vorstellung davon zu haben wohin die Reisegehen soll. Ein vollständiges Zielbild ist auf Grund der Komplexität der Situation wahrscheinlich derzeit unmöglich zu skizzieren. Es empfiehlt sich eine agile Vorgehensweise in der iterativ vorgegangen wird. Das bedeutet, es wird ein Ergebnis nach dem anderen erzeugt und ich kann mich immer wieder neu ausrichten, um nicht versehentlich in die falsche Richtung zu laufen. Das wichtigste ist dabei: einfach anfangen. Möglicherweise kümmert man sich erstmal um den Procure to Pay Prozess und bindet die Lieferanten an, dann digitalisiert man sämtliche Belegflüsse und im weiteren Andreas Zimmermann Gründer und Geschäftsführer mysupply und Initiator Supplytechs Verlauf die Automatisierung des B- und C-Teile Einkaufs. Wir haben Supplytechs gegründet, um als Partner in der Digitalisierung mit einem Überblick über die aktuellsten Innovationen der Einkaufs-Startups dabei zu unterstützen.
Karriere als Digitalisierer
Wer die Digitalisierung im Einkauf zu seinem Thema macht, der baut ein hoch geschätztes Wissen auf und ist im Arbeitsmarkt besonders gefragt. Wenn man sich an die Sperrspitze der Digitalisierung setzt, hat man in den nächsten Jahren, in denen es definitiv eine Menge Veränderungen geben wird, viele Möglichkeiten perspektivisch im Einkauf an führender Stelle unterwegs zu sein. Die Digitalisierungsabteilungen sind in der Regel als Stabsstelle bei der Einkaufsleitung ansässig. Für die Zukunft empfiehlt man sich so als potentieller Einkaufsleiter oder für andere spannende Aufgaben im Unternehmen. Ein großes Problem im Einkauf ist sicherlich, dass dem Einkauf im Unternehmen häufig nichtgenug Aufmerksamkeit und Wertschätzung beigemessen wird, um seine Tätigkeiten gutdurchzuführen. Häufig hat man als Einkauf nicht einmal die Tool-Unterstützung, die man benötigt. Die Kollegen im Vertrieb werden häufig weit besser ausgestattet und auch vergütet. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Einkauf eher als operativer Erfüllungsgehilfe verstanden und nicht als strategischer Gestalter. Diese Rolle muss sich stark verändern. Den eher operativen Teil übernehmen künftig Maschinen. Einsparungen alleine sind eben kein sonderlich wertschöpfender Auftrag und aus dem Grundmuss sich die Aufgabe des Einkaufs künftig sehr stark verändern. Damit ich in den Augen der Geschäftsführer und Fachbereiche aus der Rolle des Verhandlers und der administrativen Abwicklung in die des Gestalters komme, muss der Einkauf diese neue Rolle proaktiv anbieten und sie aktiv gestalten. Nur dann entsteht der Einkauf 4.0.